Ausgezeichnet mit dem Herbert Pichler-Inklusions-Medienpreis 2022
Ö1-Ambiente, Eine Sendung im Rahmen des ORF-Schwerpunktes „Barrierefreiheit“
Gestaltung: Margit Atzler & Jakob Fessler
Zu reisen bedeutet für viele Menschen die Freiheit, sich fortzubewegen, um Städte und Landschaften, Menschen und Kulturen kennenzulernen. Personen, die zum Beispiel einen Rollstuhl benutzen, die eine Seh- oder Hörbehinderung haben, sind oftmals von diesen Erfahrungen ausgeschlossen. Allein die Anreise kann zum ungewollten Abenteuer werden, wenn die nötigen Strukturen für Menschen mit Behinderung nicht vorhanden sind; wenn es beispielsweise keinen Lift am Bahnsteig gibt oder Informationen in Gebärdensprache oder Brailleschrift fehlen.
Ambiente widmet sich in einer eigenen Schwerpunktsendung dem barrierefreien Reisen und präsentiert Reisemöglichkeiten für Menschen mit Körper- oder Sinnesbehinderungen.
Die Müritz ist der größte See innerhalb Deutschlands und befindet sich rund 100 Kilometer nördlich von Berlin. Per Hausboot lässt sich die Seenlandschaft erkunden. Dank der Verbindungskanäle sind von der Müritz aus auch viele andere Kleinseen der Region befahrbar. Das Unternehmen „Kuhle Tours“ vermietet seit einigen Jahren barrierefreie Hausboote, die auch von Menschen im Rollstuhl gesteuert werden können. Ausgangspunkt für eine solche Bootsreise ist die Ortschaft Rechlin mit dem ebenfalls barrierefreien Hafendorf. Jakob Fessler war für Ambiente dort.
Der Osttiroler Bergsteiger Andy Holzer ist selbst von Geburt an blind. Um die Welt mit den ihm zur Verfügung stehenden Sinnen zu erfahren, muss er sie erspüren. Andy Holzer wollte die Welt sehen – auf seine Weise. So erkletterte er zunächst die Berge in seiner Heimat Osttirol, später die Achttausender. Auch den Mount Everest – als zweiter blinder Bergsteiger überhaupt. Barrierefreiheit ist für ihn nicht gleich Barrierefreiheit.
Margit Atzler begleitete Andy Holzer für Ambiente auf einer Wanderung und lernte, was es braucht, um sich als blinder Mensch in der freien Natur in Begleitung eines Sehenden als Einheit fortzubewegen. Im Anschluss nahm Andy Holzer die Redakteurin noch mit auf ihren ersten Klettersteig.
Ob Ungarn, Malta oder Tansania; der Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich (BSVÖ) organisiert sogenannte „Inklusionsreisen“ und ermöglicht so Menschen mit starken Sehbehinderungen Reisen ins In- und Ausland. Im Rahmen des länderübergreifenden Projekts DANOVA sollen außerdem barrierefreie Transportsystem in der Donauregion gefördert werden, um allen Personen selbstständiges Reisen zu ermöglichen. Unter dem Titel „Reisegruppe Niemand“ starteten im Jahr 2019 fünf Menschen mit eingeschränkter Mobilität den Versuch, eine Zugreise durch ganz Deutschland zu unternehmen, um auf die fehlende Barrierefreiheit aufmerksam zu machen. 2020 wiederholten sie das Experiment, mit dem Vorhaben über Deutschlands „Zipfelbahnhöfe“ ganz im Norden, Osten, Süden und Westen zu reisen. Sobald die Coronapandemie überwunden ist, will die „Reisegruppe Niemand“ auch die Barrierefreiheit internationaler Zugsverbindungen testen.
Links
Kuhle Tours
(Barrierefreie Hausbootvermietung in Rechlin an der Müritz (Mecklenburg-Vorpommern/Deutschland)
Andy Holzer
„Inklusionsreisen“ des BSVÖ